* 19.03.1890 Weildorf am Bodensee

† 1977 Weildorf am Bodensee

Josef Amann wurde 1890 in Weildorf am Bodensee geboren. Er besuchte in Konstanz das Gymnasium und studierte anschließend in Freiburg katholische Theologie. 1914 wurde er in St. Peter zum Priester geweiht. Nachdem er in einigen Gemeinden als Vikar tätig war, kam er 1921 ins Kinzigtal. Später wirkte er im Bodenseebereich und übernahm 1931 eine Gemeinde im mittleren Schwarzwald. Über seinen Dienst in allen Gemeinden wurde immer positiv berichtet. 1937 wurde er festgenommen. Darüber wurde im „Offenburger Tageblatt“ mit Namen, Dienstort und Grund der Anklage (§ 175) offen berichtet. Die NSDAP, die Gestapo und das Reichsjustizministerium in Berlin interessierten sich für den Fall. Vor dem Prozess ging die Akte ans Reichsjustizministerium und kam zurück mit der Forderung, durch den Vertreter der Anklage mit allem Nachdruck auf eine empfindliche Bestrafung hinwirken zu lassen. „Ich lege Wert darauf, dass die Hauptverhandlung unauffällig ohne besonderes Aufsehen durchgeführt wird.“

Die Beweislast war erdrückend und Pfarrer Amann war auch geständig. Am 15. Mai 1939 wurde er vom Landgericht Offenburg wegen homosexueller Vergehen und Verbrechen zu einer Strafe von drei Jahren Zuchthaus abzüglich 1 ½ Jahre Untersuchungshaft und drei Jahren Ehrverlust* verurteilt. Er verbrachte die restlichen 1 ½ Jahre im Zuchthaus Bruchsal. Nach Verbüßung seiner Strafe war durch die Geheime Staatspolizei Karlsruhe Schutzhaft angeordnet worden. Normalerweise hieß das Einweisung in ein KZ. Er kam aber nicht ins KZ, sondern wurde entlassen. Wie es gelang, ihn aus den Fängen der Gestapo zu befreien, ist in den erhaltenen Akten nicht dokumentiert. Nach seiner Entlassung Ende 1940 zwang ihn ein völliger körperlich-seelischer Zusammenbruch zu etwa zwei Jahren Erholungsaufenthalt. Er wurde vom Dienst befreit und übernahm nie wieder eine eigene Gemeinde. Als Priester im Ruhestand half er in einigen Gemeinden aus. Nach einem schweren Unfall 1973 verbrachte er seine letzten Lebensjahre im Hospital. 1977 verstarb er fast 87-jährig und wurde am Bodensee begraben.

* Ehrverlust bedeutete damals den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, der Rechte, die einem als Staatsbürger zustehen. Das sind in erster Linie das Recht zu wählen, das Recht gewählt zu werden und das Recht, öffentliche Ämter auszuüben. Dazu kommt der Verlust aller Würden, Titel, Orden und Ehrenzeichen. Ehrverlust war bei Todesstrafen und Zuchthausstrafen zwingend, wurde bei Gefängnisstrafen in Ausnahmefällen verhängt. Bei Gefängnisstrafen konnte Ehrverlust 1 bis 5 Jahre betragen, bei Zuchthausstrafen 2 bis 10 Jahre. Ehrverlust bedeutete in der NS-Zeit praktisch den Ausschluss aus der „Volksgemeinschaft“. Diese Strafe bestand nach 1945 weiter und wurde 1969 in der BRD abgeschafft. Man war der Meinung, dass Ehrverlust die Wiedereingliederung der Gefangenen nach deren Entlassung zu sehr erschwere.
(Staatsarchiv Freiburg (StAF), Bestand A43/1, Nr. 204 + 205, Prozessakte; Necrologium Friburgense, Freiburger Diözesanarchiv, 102 Bd., 3. Folge, 1982; ebd., Personalakte des Pfr. Amann)

© Text und Recherche: William Schaefer


pin3d428b  Der Pin auf der Gedenkkarte zeigt Schönwald, allgemein


Täterorte in Baden-Württemberg:
Landgericht Offenburg
Zuchthaus Bruchsal
Geheime Staatspolizei Karlsruhe